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Beben in Tukastan

Logistik- und Telekomexperten von Partnern des Welternährungsprogramms der UN trainierten Katastrophenhilfe unter realen Bedingungen am THW-Ausbildungszentrum Neuhausen.

Ein fiktives Erdbeben in einem fiktiven Land – das war vergangene Woche das möglichst realitätsnahe Szenario für eine großangelegte Katastrophenhilfeübung unter dem Titel gear.UP am THW-Ausbildungszentrum Neuhausen. 45 Spezialistinnen und Spezialisten aus dem Logistik- und dem Telekommunikations-Cluster der Vereinten Nationen unter Leitung des World Food Programme (WFP) trainierten dabei die kompetenzübergreifende Zusammenarbeit im Einsatzfall. Die innerhalb des Trainings zu lösenden Aufgaben waren die schnelle Wiederherstellung kritischer Telekommunikationsinfrastruktur, die Versorgung der Bevölkerung mit internationalen Hilfsgütern und die Koordination der in den Tagen nach dem Beben eintreffenden ausländischen Katastrophenhelfer. Finanziert worden war die Übung zum größten Teil durch das Auswärtige Amt.
Für realitätsnahe Trainingsbedingungen bei der gear.UP sorgte nicht nur ein fiktives Erdbeben im fiktiven Land Tukastan, sondern auch ein bis zu 200-köpfiges Team aus Mitarbeitenden von Nichtregierungsorganisationen, den Vereinten Nationen und natürlich vielen Haupt- und Ehrenamtlichen des THW. Neben dem kompletten Projektmanagement der Übung sollten diese Beteiligten immer wieder für Überraschungen gut sein: In sich weiterentwickelnden Szenarien wurden die Teilnehmenden mit ständig neuen Anforderungen konfrontiert und sollten dafür die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Stellvertretend für die etwa 250 Mitwirkenden an der Katastrophenhilfeübung gear.Up 2023 haben wir drei maßgeblich Beteiligte zum Interview gebeten:

Theo Lingens, international erfahrener THW-Logistikexperte und in Neuhausen einer der Übungsleiter der gear.UP

Erdbeben, Überschwemmungen oder langanhaltende Dürreperioden – in den vergangenen Monaten war die internationale Gemeinschaft immer wieder gefordert, Katastrophenhilfe zu leisten oder humanitäre Hilfsaktionen zu koordinieren. Worin liegt vor diesem Hintergrund der Wert einer so aufwändigen Übung wie der gear.UP 2023 in Neuhausen?

Theo Lingens: „Aus Erfahrung wissen wir, dass ein hoher Aufwand bei den Trainings zu deutlich effizienteren Abläufen und einer besseren Zusammenarbeit im Ernstfall führt. Dafür allerdings müssen die Übungen so realitätsnah wie möglich sein und das erfordert einigen Aufwand. Zum Beispiel haben die Teilnehmenden der Übung nach ihrer Einreise ins fiktive Tukastan, den Visa-Formalitäten und dem Geldumtausch, ihre Einsatz-Camps per Hubschrauber erreicht, mit denen uns die Bundespolizei unterstützt hatte.
In den Wäldern rund um Neuhausen waren drei solcher Einsatz-Camps errichtet worden, in denen die Teilnehmenden übernachteten und ihre teils sehr komplexen Aufgaben lösen mussten. Wir haben bei den Trainingsszenarien viel Wert auf Realitätsnähe gelegt – inklusive Zeitdruck, Stress und ständig wechselnden Situationen. Denn was ich in Übungen oder Simulationen schon einmal trainiert habe, dass kann mich im Einsatz nicht mehr überraschen.“

Mailin Fauchon, Global Logistics Cluster Coordinator beim Welternährungsprogramms

Die gear.UP ist eine gemeinsame Übung zweier Service-Cluster der Vereinten Nationen unter Leitung des Welternährungsprogramms. Was bringt das?

Mailin Fauchon: „Keine Logistik ohne Kommunikation. Und keine Kommunikation ohne Logistik. Wenn in einem Krisenfall wichtige Infrastruktur zerstört wurde, müssen wir schnellstmöglich unsere eigenen Funk-, Telefon- und Datennetzwerke aufbauen, um benötigte Hilfsgüter dorthin zu bringen, wo sie benötigt werden. Ein solch Cluster-übergreifendes Training wie hier am THW-Ausbildungszentrum in Neuhausen ist also immens wichtig, damit Einsatzkräfte des Welternährungsprogramms auf solche Situationen vorbereitet sind.
Das gemeinsame Trainieren von Abläufen ist aber nur eines der Übungsziele. Immens wichtig für uns und unsere Partnerorganisationen ist auch der Aufbau von persönlichen Netzwerken, die nach gemeinsamen Übungen oder Einsätzen oft über viele Jahre oder Jahrzehnte gepflegt werden. Das betrifft längst nicht nur unsere Netzwerke innerhalb der Humanitären Gemeinschaft, sondern zum Beispiel auch zum THW. Eines ist mir dabei ganz wichtig: Ohne das Engagement so vieler THW-Einsatzkräfte wäre die gear.UP nicht durchzuführen gewesen. Danke dafür!“

Rikard Ljungstrand, Spezialist für Datennetzwerke und als Volunteer bei Ericsson Response einer der Teilnehmer der gear.UP ’23

Auf die Übung gear.UP kann man sich vorbereiten, wie auf einen realen Einsatz. Was einen dann aber vor Ort erwartet, ist nicht planbar. Was sind Deine Eindrücke als Teilnehmer?

Rikard Ljungstrand: „Beim schwedischen Telekomausrüster Ericsson sind wir etwa 160 Kolleginnen und Kollegen, die sich neben ihrem Job auch als Ehrenamtliche bei Ericsson Response engagieren. Ericsson Response ist eine der Partnerorganisationen im Emergency Telecoms Cluster der Vereinten Nationen und unsere Aufgabe in Einsätzen ist es, nach Naturkatastrophen so schnell wie möglich Internetverbindungen für die humanitären Hilfskräfte und auch die betroffene Bevölkerung aufzubauen.
Meine Eindrücke von der gear.UP ’23 sind, ehrlich gesagt, überwältigend. Ich wusste, dass es eine große Praxisübung ist. Allerdings war ich doch überrascht von deren Umfang und der enormen Detailgenauigkeit in den Übungsszenarien. Die letzten Tage waren echt eine Achterbahnfahrt und natürlich lagen wir auch mal daneben mit unseren Lösungsansätzen. Aber dank der beeindruckenden Fähigkeiten meiner Teamkollegen und des Feedbacks unserer Trainer nehme ich sehr viel mit aus Neuhausen für unseren nächsten Einsatz. Meine Erwartungen an die gear.UP wurden weit übertroffen.“

Auch für 2024 wollen die beiden Service-Cluster Logistik und Telekommunikation der UN wieder gemeinsam trainieren. Die gear.UP 2024 ist für September des kommenden Jahres geplant, natürlich wieder am THW-Ausbildungszentrum Neuhausen.

Stefan Richter

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